Schreibwerkstatt

 

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Oder verfolgst du vielleicht sogar ein eigenes Buchprojekt? Vielleicht stößt du hier auf geeignete Möglichkeiten, dieses zu verwirklichen?

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Seitenwechsel

Zitat

Wir Menschen sind Bürger zweier Welten. Während unserer Erdenreise zwischen Geburt und dem sogenannten Tod teilen wir unsere Umwelt mit den Pflanzen, den Tieren und natürlich mit unseren Mitmenschen. Wir erleben uns als Teil der Natur und sind als solcher Geschöpfe, erschaffen von höheren Wesen. Blicken wir auf die von Menschen geschaffene Kunst, Kultur und Technik, so sind auch wir Schöpfer, wenn auch vorläufig erst bezogen auf Mineralisch-Materielles, denn wir haben die Geheimnisse des Lebens noch lange nicht durchschaut.

Irgendwann ist für einen jeden der Zeitpunkt gekommen, an dem er durch die Pforte des Todes schreitet. Damit verlässt er den sicheren Boden des Vertrauten und begibt sich auf das unbekannte Terrain des Geistigen. Die sterbliche Hülle, unser physischer Leib, wird zurückgelassen und fällt unweigerlich den in der Natur wirkenden Verfallskräften anheim. Er dient nicht länger als Wohnstätte für die Wesenheit des Menschen. Vielmehr verlassen die seelisch-geistigen Komponenten unseres Wesens diese Hülle und treten ein in unsere eigentliche Heimat, die uns doch eigentlich ganz vertraut sein müsste und vor der wir doch allzu oft Angst haben, weil sie glauben, sich nicht mehr daran erinnern können.

Schon mehrmals durfte ich Menschen bei diesem Seitenwechsel vom physischen zum geistigen Leben begleiten und die Veränderung kurz vor diesem Ereignis beobachten. Kürzlich war es mir auch bei meiner Mutter vergönnt, sie auf ihren letzten Schritten hin zur Pforte an der Hand zu halten. Für uns beide war dies eine sehr intensive Zeit, die noch einmal ganz neue Begegnungsräume eröffnet hat. Ich fand es durchaus anstrengend, denn täglich galt es neue Grundsatzentscheidungen zu treffen, doch letztlich dominiert das Gefühl der tiefen Bereicherung.

Mit meiner kleinen Schilderung der jüngsten  Erfahrungen möchte ich allen, die vor einer ähnlichen Situation stehen, ein wenig Mut machen, wohl wissend, dass natürlich auch diese unsere letzte Reise sehr individuell verläuft und es sicher keine zwei vergleichbaren Fälle gibt:

Meine Mutter litt seit Wochen, ja fast schon Monaten an diversen gesundheitlichen Einschränkungen, die ihr das Leben in ihrer kleinen Wohnung zunehmend beschwerlicher machten. Mit Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes und meiner täglichen Unterstützung  bemühte sie sich, gegen eine schleichende Verschlechterung anzukämpfen oder – besser gesagt – diese so lange irgend möglich zu ignorieren. Irgendwann allerdings wurde ihre Atemnot so groß, dass sich die Einweisung ins nahe gelegene Krankenhaus nicht mehr vermeiden ließ. Unausgesprochen hatten wir beide Angst davor, denn erfahrungsgemäß kommen nur wenige Hochbetagte (meine Mutter wäre in diesem Jahr 90 Jahre alt geworden) in besserem Zustand wieder heraus als hinein. Dennoch blieb in diesem Fall keine Wahl!

Die Lunge wurde punktiert, gegen die Blutarmut wurden Blutkonserven verabreicht – für meine Mutter eine schmerzhafte Angelegenheit, die jedoch immerhin zu einer kurzfristigen Besserung der Atemnot führte. Hinzu kamen quälende Rückenschmerzen, die Gefahr einer durch das ständige Liegen verursachten Wunde, Inkontinenz und zeitweise Durchfälle.  Das Essen war für sie ungenießbar, zu zäh und zu sehr abgekühlt durch die nur sehr langsame Möglichkeit, etwas zu sich zu nehmen. Kurz, innerhalb einer Woche bestand sie nur noch aus Haut und Knochen, hatte einen Blutdruck von 80 : 40 und die Lungen begannen sich erneut mit einem Wasser-Blut-Gemisch zu füllen. Ein Leidensweg, den man niemandem wünschen möchte, schon gar nicht seiner eigenen Mutter. Weitere Blutkonserven wurden verabreicht und die Ärzte legten ihr eine erneute Punktion bzw. Drainage nahe. Letzteres lehnte sie tapfer ab. Tapfer deshalb, weil es bedeutete, dass der akute Sterbeprozess nun einsetzen würde und daraus wurde von Seiten der Ärzte auch kein Hehl gemacht. Zur Linderung der zunehmenden Atemnot wurde jetzt Morphium verabreicht. Blutdruck und Vitalität hatten jedoch durch die jüngsten Blutkonserven wieder Auftrieb bekommen, zumindest bevor die von den Ärzten angekündigte Lungenentzündung tatsächlich einsetzte. Wieder galt es, eine Grundsatzentscheidung zu treffen: Antibiotika ja oder nein? Meine Mutter blieb standhaft ihrem Entschluss treu, nun lieber bald durch die Pforte des Todes zu schreiten als auf allenfalls kurzfristig wirkende Verbesserungen zu hoffen.

Ich bewundere meine Mutter für diesen Mut und diese Entschlusskraft. Klar und deutlich brachte sie ihren Willen zu Gehör und das im vollen Bewusstsein ihrer Lage. In früheren Situationen ihres Lebens hatte ich sie manchmal zögerlich und unentschlossen erlebt, doch jetzt, wo es wirklich um’s Eingemachte ging, überkam sie ein geradezu löwenhafte Starkmut, der in seltsamem Widerspruch zu ihrer körperlichen Verfassung stand. Auch bin ich ihr unglaublich dankbar, dass ich als ihre nächste Angehörige, diese Entscheidungen nicht fällen und vertreten musste, dass sie mich von dieser Verantwortung entbunden hat. Ich hätte ebenso entschieden, wenn ich mich denn an ihrer Stelle hätte äußern müssen. Aber ich war dankbar, dass ich es nicht musste.

Ab jetzt begann also der Rückzug aus dem physischen Plan! Sie nahm keine Nahrung mehr zu sich, wurde in ein Einzelzimmer geschoben und bekam einen weiteren Tag später eine Batteriekerze für den Nachttisch, ein untrügliches Zeichen, dass man mit ihrem baldigen Ableben rechnete. Keine medizinischen Maßnahmen mehr, allerdings  weiterhin Tabletten, Morphium und Thrombose-Spritzen. Pflegepersonal und Mediziner zeigten sich mitfühlend und freundlich. Meine Mutter erwies sich als einfühlsam, gefasst und konnte sogar ab und zu noch ein Späßchen über die eingetrockneten Lippen bringen, die ihrer Meinung nach schon tot seien oder sich zumindest so anfühlten. Sie wünschte ihrer bisherigen Zimmernachbarin alles Gute beim Umzug in das Einzelzimmer und hatte für jeden ein liebes Wort oder zumindest noch eine wohlwollende Geste oder einen ebensolchen Blick. Ich finde, sie ist in diesen letzten Tagen ihres Erdenlebens geradezu über sich hinaus gewachsen.

Richtig schlafen konnte sie nicht. Aufgrund des Morphiums dämmerte sie zwar immer wieder ein, vor allem kurz nachdem die Spritzen ihre Wirkung entfaltet hatten, doch ich spürte, dass sie dennoch alles mitbekam, was um sie herum geschah. Immer wieder öffnete sie abrupt die Augen, vergewisserte sich meiner Gegenwart, indem sie mir liebevoll zunickte - ein merkwürdiger Schwebezustand zwischen Koma und Tagesbewusstsein. Sie litt unter der Tatsache, dass sie nicht sterben könne, ja machte sich deshalb geradezu Vorwürfe, die ich hoffentlich durch meine Worte ein wenig entkräften konnte. Waren ihr am Tag zuvor noch weltliche Dinge wichtig gewesen, so berichtete sie nun von ihren Träumen und von den Wesen die darin vorgekommen waren. Sie erwähnte Marie Antoinette und ein Geistwesen, das sich mit Malerei befasste… zum ersten Mal vertraute sie mir von diesen Wahrnehmungen an. Wir sprachen über die Französische Revolution und die Figuren des damaligen Zeitgeschehens, u. a. eben auch Marie Antoinette und Saint Germain, der die Königin mit den denkwürdigen Worten Wer Wind säht, wird Sturm ernten vor den zu erwartenden Entwicklungen gewarnt hatte. War es Zufall, dass es gerade heute so stürmisch war? Gerade die politische Rolle Saint Germains, der nach anthroposophischer Auffassung als der wieder geborene Christian Rosenkreutz gilt, war mir in letzter Zeit immer wieder begegnet. Und nun knüpfte meine Mutter, die wohl von historischen nicht aber von spirituellen Zusammenhängen etwas wusste, ausgerechnet diese Verbindung!

Die nächsten Tage verbrachte ich mehr oder weniger im Krankenhaus und erlebte die schwankenden Zustände meiner Mutter hautnah mit. Am Freitagnachmittag erzählte ich ihr, dass es langsam Frühling würde und ich schon die ersten Primelchen gepflanzt hätte. Es ging ihr an diesem Tag deutlich besser, so dass sie sogar die Morphium-Spritze ablehnte. Nach einigen Stunden schickte sie mich liebevoll mit den Worten nach Hause: Draußen scheint die Sonne und du sitzt dir hier bei mir den Hintern platt. Das soll sich ändern. Es waren die letzten Worte, die ich aus ihrem physischen Mund vernehmen sollte. Nachts um drei Uhr wurde ich abrupt durch einen Traum geweckt: Ich sah meine Mutter in ihrer Wohnung, wie sie sich vergeblich an zwei Möbelstücken festzuhalten versuchte, jedoch den Halt verlor. Wenige Augenblicke später klingelte das Telefon und mir wurde von einer Mitarbeiterin des Krankenhauses mitgeteilt, dass sie verstorben sei. Ich war darüber wenig überrascht.

Mit meinen Söhnen fuhr ich ins Krankenhaus, wo wir sie aufgebahrt im Bett liegen fanden, der Raum aufgeräumt, mit Kerzen und Blumen geschmückt. Ihre Augen waren geschlossen, der Mund stand offen und die Hände waren über der Bettdecke übereinander gelegt. Sie wirkten schneeweiß und völlig leblos. Nach oben hin zum Kopf nahm ich jedoch noch Belebtheit wahr. Ganz leise und flach meinte ich eine Bewegung am Brustkorb wahrzunehmen. So als sei eine zweite Tiefenatmung aktiviert worden, die mit der bereits verloschenen normalen nichts zu tun hätte. Das Gesicht war noch warm. Ich verbrachte mehrere Stunden an ihrem Bett und beobachtete, wie die Kälte weiter nach oben kroch und schließlich den ganzen Körper einschließlich des Kopfes erfasste. Ab und zu hatte ich das Gefühl, sie versuche mir zuzublinzeln, ganz nach dem Motto: Siehst du, jetzt hat es ja doch noch geklappt! Ich rechne es dem Krankenhauspersonal hoch an, dass es uns in diesen Stunden ungestört ließ. Erst gegen 8 Uhr morgens kam eine Ärztin herein, stellte den Eintritt der Kiefernstarre fest und wir unterhielten uns ein wenig über die spirituelle Seite des Lebens. Sie schien offen dafür zu sein. Eineinhalb Stunden später verließ ich die sterblichen Überreste meiner Mutter in einem Gefühl des inneren Friedens und der tröstlichen Gewissheit, dass nun alle Mühsal ihrer Körperlichkeit hinter ihr liege.

In Christo morimur (in Christus werden wir sterben) lautet der mittlere Teil des Rosenkreutzerspruches. Was kommt danach? Ich vertraue da voll und ganz auf den letzten Teil des Spruches: Per Spiritum Sanctum reviviskimus (im Heiligen Geist werden wir auferstehen).

Auf der anderen Seite des Weges

Ich bin ganz leise auf die andere Seite des Weges gegangen.
Alles bleibt genauso wie es war;
Das Leben, das wir so in Liebe miteinander verbracht haben,
bleibt unberührt.
Was wir füreinander waren, das sind wir noch.
Nennt mich so wie immer.
Sprecht von mir wie eh und je und nicht anders.
Werdet nicht feierlich oder traurig.
Lacht weiter über die Dinge, über die wir gemeinsam gelacht haben.
Spielt, freut euch und denkt an mich. Betet auch für mich.
Man soll zu Hause von mir reden wie immer,
Ohne Pathos, ohne Spur von Trauer.
Alles, was das Leben für uns gemeinsam bedeutet hat,
Das bedeutet es immer noch.
Es besteht weiter, der Faden ist nicht gerissen.
Was heißt schon Sterben? Es ist etwas, das täglich passiert.
Warum sollte ich aus eurem Leben verschwunden sein,
Nur, weil man mich nicht mehr sieht?
Ich bin ja nicht weit weg, nur auf der anderen Seite des Weges.
Ihr seht ja, alles ist so wie es sein soll.
Ich warte doch nur auf euch. Alles ist gut.

(Augustinus, Bischof von Hippo, 354-430 n. Chr.)

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