Stufen der Erkenntnis
Nach anthroposophischer Auffassung ist der Mensch ein geistiges Wesen, das sowohl zur Natur auf der Erde als auch zum Kosmos und seinen geistigen Hierarchien in enger Beziehung steht. Sein Leben endet nicht mit dem physischen Tod, sondern setzt sich in der geistigen Welt fort. In dieser anderen Daseinsform erarbeitet er zusammen mit anderen geistigen Wesen sein zukünftiges Erdenleben. Seine kosmische Aufgabe ist es, mit jedem neuen Erdenleben der Bestimmung der Erde einen Schritt näher zu kommen: diesen Planeten zu einem Planeten der Liebe zu machen. Nun könnten wir den Eindruck gewinnen, dass wir von diesem Ziel niemals so weit entfernt waren, wie heute. Doch das ist nur die halbe Wahrheit!
Die geistige Evolution der Menschheit vollzieht sich nach einem großartigen Weltenplan. In bestimmten Epochen oder Zeitaltern ist das Erreichen bestimmter Entwicklungsstufen und Fähigkeiten für die Wesenheit des Menschen vorgesehen. Wir leben heute in der fünften nachatlantischen Kulturepoche, die im Jahr 1413 n. Chr. begann und 2.160 Jahre andauert, genauso lange, wie die vier vorhergehenden Kulturepochen auch. In diesem Zeitalter werden wir in ganz besonderem Maße mit dem Egoismus und der Lüge, sprich mit dem „Bösen“ konfrontiert, denn wir sollen lernen, mit diesen Herausforderungen umzugehen, ja an ihnen zu wachsen. Zwischen den Epochen vollziehen sich die Übergänge fließend und Voraussetzungen für bestimmte Entwicklungsschritte werden mitunter schon lange zuvor geschaffen.
So hat uns bereits vor 2000 Jahren Jesus Christus die Möglichkeit eröffnet, den Egoismus zu überwinden und der Liebe in jedem unserer Erdenleben ein Stückchen näher zu kommen. Dies wurde uns als Möglichkeit geschenkt, die wir jedoch nicht ergreifen müssen. Wir haben die Wahl, ob wir diesem Christus-Impuls, wie Rudolf Steiner das Erscheinen des Sonnenlogos auf der Erde oft nennt, zu folgen oder nicht. Für diese Entscheidungsmöglichkeit bedarf es der Freiheit, die wir uns erst heute in vollem Umfang erwerben können. Doch zuvor müssen wir erst einmal die heute allgegenwärtige Lüge überwinden und aufrichtig nach Wahrheit streben, denn die Wahrheit erkennen heißt (deshalb): Christus erkennen! Jenen Christus, dessen Wesen die reine Liebe ist, die sich frei verschenkt und darum auch Freiheit schenkt. Und wo immer ein Stück der Wahrheit erkannt wird, wird auch der Christus erkannt. (aus Anthrowiki)
Erkenne die Wahrheit
Nachdem sich der Schleier der Isis über die Menschheit gesenkt hatte, verloren die Völker ihre geistige Führung durch die Götterweisheit, die sie bis zu diesem Zeitpunkt durch ihre hellsichtigen Sinneswahrnehmungen empfangen konnten. Bis dahin brauchte die Frage nach der Wahrheit nicht gestellt zu werden, denn sie wurde vertrauensvoll von der göttlichen Führung bildhaft empfangen.
Schleier der Isis: “Ich bin das All, das vergangene Gegenwärtige und Zukünftige:
Meine Kinder müssen mit geistigem offenen Blicke, meine Natur beschauen können, müssen dort GEISTIGES vom Materiellen entkleidend, das WAHRE ERKENNEN lernen; müssen die Stimme meiner GEISTERWELT VERSTEHEN, müssen ihre geistigen Ohren den sanften Melodien meiner himmlischen Musik leihen, damit sie Alle begreifen und verstehen lernen, dass wenn gleich die Materie das Überkleidungsmittel des Ganzen ist, es doch nur so möglich war, einem lebenden Geschöpfe das in der Materie verborgene Geistige verständlich zu machen. Und ihm dadurch dem Schöpfer alles Geistigen und Materiellen näher zu bringen..…….“
(Auszug aus “Lebensgeheimnisse”, aus dem Kapitel “Geister- und Welten-Leben, Gottfried Mayerhofer gegeben am 24. Februar 1873, www.lorber-Verlag.de)
Durch die nun fehlende Anbindung an die geistige Welt, musste der Mensch sich seiner eigenen Führung bewusst werden und konnte nicht mehr auf die Götterweisheiten zurückgreifen. Die Sinneswahrnehmung der Hellsichtigkeit war erloschen. Nun forderte die Inschrift über dem Apollotempel von Delphi die Menschen auf: „Gnothi seauton – (Mensch) erkenne dich selbst“!
Um das Geheimnis vom Zusammenhang zwischen der geistigen und der physischen Welt in seiner Tiefe zu durchdringen, bedurfte es laut Rudolf Steiner, zunächst der Umgestaltung und Reife der menschheitlichen Organisation. Dies geschah durch das “Mysterium von Golgatha”. Doch ist dieser Prozess, der damals seinen Anfang nahm, bis heute nicht abgeschlossen.
Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich (Johannes 14/6)
Das waren die Worte Christi, die er seinem Jünger Thomas auf die Frage nach dem Weg zum Vater zur Antwort gab. In Christus Jesus, wurde die Wahrheit erstmals in vollem Umfang leibhaftig „Mensch“, welch ein Geschenk! Dieses Geschehen erlangte durch das Mysterium von Golgatha seine Vollendung. Der „Gegeißelte“ wurde dem Volk durch Pilatus mit folgenden Worten vorgeführt: Ecce homo (lat.: da, der Mensch; griech.: idoù ho ánthropos: siehe, der Mensch)! Wer hier mit seiner Seele hinein fühlt, vermag die Bedeutung der Worte zu erspüren, die diese Aussage beinhaltet: Wahrheit erkennen, heißt Christus erkennen!
Zugegeben, das ist eine wahre Herausforderung, die uns hier abverlangt wird! Für jeden Wahrheitssuchenden bedeutet sie zuerst einmal Arbeit am eigenen Ich, mitunter eine unbequeme Beschäftigung. Und nicht jeder von uns ist dazu bereit.
Von außen sorgen Manipulationen jeglicher Art, (Klatsch-) Presse, Medien und Fernsehen, immer schnellere Funk und Internetverbindungen dafür, dass wir abgelenkt werden vom Wesentlichen, abgehalten von uns selbst, von unserem I.Ch., das doch so eng mit J.esus Ch.ristus und somit mit der Wahrheit verbunden sein könnte. Stattdessen versuchen uns die dem Christus zuwider handelnden Wesen einzulullen mit Oberflächlichkeit, reinem Vergnügen und vermeintlicher Entspannung, suchen freie Kapazitäten zu behindern, die uns auf unserem Weg der Erkenntnis weiterbringen könnten. Als Massenhypnotisierte sollen wir in unserem Tiefschlaf verweilen. Wache, helle und nicht manipulierbare Menschen sind von dieser Seite nicht erwünscht. Wer sich jenseits der öffentlichen Meinung bewegt, muss heute mit Diffamierung, Verhöhnung und evtl. gar Verfolgung rechnen.
Nicht jeder ist bereit, sich dieser Herausforderung zu stellen. Allzu viele Zeitgenossen entziehen sich erfolgreich der Erkenntnis um die wahren Geschehnisse, geben sich zufrieden mit den Erklärungsmodellen des Mainstream. Das entspricht ihrer in Freiheit getroffenen Entscheidung und wir sollten diese akzeptieren. Doch diejenigen von uns, die schon ein wenig weiter auf dem Pfad der Wahrheit vorangeschritten sind, können immerhin Denkanstöße liefern.
Denn Denken ist eine Kraft, die ein jeder Einzelne von uns zur Wahrheitsfindung (be)-nutzen kann. Hierbei hilft uns die Anthroposophie, als ein Weg zur Wahrheitsfindung, Anthroposophie ist keine Religion, keine Ideologie die Wahrheit verkündet, sie ist nicht konfessionsgebunden, sie ist für jeden zugänglich – Anthroposophie ist die Geist-Wissenschaft – die Wissen schafft! Ihre Devise lautet: Glaube nicht blind, was man dir anbietet, sondern prüfe und denke – und zwar selbstständig und unabhängig!
Stattdessen springen wir oft allzu schnell auf einen fahrenden Zug auf, der uns Wahrheit verspricht. Insbesondere dann, wenn dieser Zug unser Weltbild transportiert, jene Ansammlung von Glaubenssätzen, die wir im Laufe unseres Lebens gebildet haben. Darin finden sich Dogmen, Prägungen und Schlussfolgerungen aus unseren eigenen Erfahrungen wieder – mit Wahrheit hat das nicht unbedingt viel zu tun. Als Werkzeuge zur Prüfung, ob es wirklich die Wahrheit ist, steht uns als letzte Instanz das Wahrheitsgefühl zur Verfügung. Wenn wir zunächst durch Logik und dann mit unserem Wahrheitsgefühl geprüft haben, kommt das Experiment: das Ausprobieren. Entdecken wir einen Irrtum, so wird erneut geprüft. Denn blindes Vertrauen und blinder Glaube bedeutet noch lange nicht Wissen.
Doch was ist es, das wir meinen, als Wahrheit in uns zu erkennen, individuell in der Ausprägung und universell in ihrem Grundsatz? Johann Wolfgang von Goethe und Rudolf Steiner sind sich einig: Die Wahrheit spricht im Innern der einzelnen Menschen verschiedene Sprachen und Dialekte; in jedem großen Menschen spricht sie eine eigene Sprache, die nur dieser einen Persönlichkeit zukommt. Aber es ist immer die eine Wahrheit, die da spricht. Kenne ich mein Verhältnis zu mir selbst und zur Außenwelt, so heiß‘ ich’s Wahrheit. Und so kann jeder seine eigene Wahrheit haben, und es ist doch immer dieselbige. (Goethe)
…Und dann lohnt sich das Streben nach Erkenntnis und Wahrheit noch aus einem anderen Grund, denn:
Erkenntnis und Wahrheit sind die Mittel, um frei zu werden.
(Rudolf Steiner)
Erlange die Freiheit
Aus Handlungen der Freiheit und der Unfreiheit setzt sich unser Leben zusammen. Wir können aber den Begriff des Menschen nicht zu Ende denken, ohne auf den freien Geist als die reinste Ausprägung der menschlichen Natur zu kommen. Wahrhaft Menschen sind wir doch nur, insofern wir frei sind. (Rudolf Steiner, GA 4, 16. Aufl. 1995, Kap. IX „Die Idee der Freiheit S. 168, Philosophie der Freiheit)
Ein jeder von uns kennt die Geschichte vom „Sündenfall“, von der Vertreibung der ersten Menschen, Adam und Eva, aus dem Paradies. Aus religiöser Sicht, aus theosophischer, philosophischer oder moralischer Sicht gibt es unterschiedliche Deutungsweisen, Interpretationen und Spekulationen über diese Überlieferung. Doch der Kernpunkt dieser symbolischen Geschichte ist die erstmals auftretende Möglichkeit, dass der Mensch nicht nach dem Willen Gottes handeln muss, sondern auch einen anderen Weg beschreiten kann.
Eva, von der arglistigen Schlange verführt, bietet Adam die Frucht “des Baumes der Erkenntnis” zum Verzehr an, unter Missachtung des Verbotes Gottes! Hier verlieren Adam und Eva ihre kindliche Unschuld und lassen sich von der Schlange in die Irre führen. Auf alten Bildern ist dies häufig durch den plötzlich auftretenden Wunsch, sich zu bedecken, symbolisiert, nachdem sie zuvor nackt gewesen waren, ohne sich dessen bewusst zu sein oder gar zu schämen. Indem sie sich von der luziferischen Schlange verführen lassen, werden sie aus der Harmonie, dem Paradies heraus geworfen. Luzifer hat also den frühen Menschen erstmals das Angebot gemacht, vom vorgegebenen Weg Gottes abzuweichen. Er brachte ihnen damit die Freiheit.
Fortan hatten die Menschen also die Wahl zwischen gut und böse (schlecht), heilsam und schädlich, förderlich und hinderlich usw. und sie waren gefangen in der Dualität. Die Sünde, die nichts anderes bedeutet als die Sonderung von Gott, betrat die Welt. Sie ist nichts, dessen wir uns schämen müssten, sondern ein notwendiger Entwicklungsschritt innerhalb der Geschichte der Menschheit. Viele Äonen später sollte ein weiterer folgen: Durch das Erscheinen Christi auf der Erde wurde der Impuls zur Freiheit noch einmal erweitert und mit der Möglichkeit zum selbstlosen Handeln, zur Liebe verbunden. Dadurch kam eine weitere, völlig neue Qualität in die Welt.
Auch der freie Wille bekommt damit eine ganz neue Bedeutung – die Freiheit im Geiste, Kraft der Gedanken entscheiden zu können! In dem Moment, in dem wir erkennen, dass wir einem Irrtum unterliegen, verlieren wir unsere moralische Naivität, unsere Unschuld und erhalten somit die Freiheit, zu wählen und zu entscheiden. Hier geht es um die rechtliche und moralische Urteilsfähigkeit des Menschen. Tagtäglich müssen wir uns diesen Herausforderungen stellen im gesellschaftlichen Miteinander und im gemeinsamen zwischenmenschlichen Leben, immer bemüht die Waage zu halten, zwischen den beiden Widersacherkräften, Luzifer und Ahriman, deren Bestreben es ist, uns aus dem Gleichgewicht zu bringen. Wenn wir uns das Bild einer alten Waage vor Augen halten, sitzen diese Widersacher in je einer der Waagschalen, wo sie uns auflauern, um uns in die Irre zu führen. Die Mitte dagegen entspricht dem Göttlichen, dem Christus, der Balance.
Da sprach nun Jesus zu den Juden, die an ihn glaubten: So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen. (Johannes 8, 31-32)
Doch wir sind Menschen und meist erst auf dem Weg, dem Christus in allen Lebenssituationen folgen zu können. Wir dürfen irren. Immer wieder passiert es uns, dass wir uns vereinnahmen lassen von Luzifer oder Ahriman, diese Möglichkeit entspricht unserer Freiheit. Jeden Tag aufs Neue haben wir die Chance und das Recht, uns auch wieder neu und möglicherweise anders zu entscheiden. Unser Weg führt uns entweder zu Luzifer, zu Ahriman oder zum Göttlichen, unserer Mitte, dem Christus in uns!
Wie alles im Leben, hat also auch unsere Vertreibung aus dem Paradies zwei Seiten: Es ist ein großartiges Geschenk, ein freies Wesen werden zu dürfen, übrigens ein bisher einmaliges Experiment im Kosmos, doch es birgt auch die Gefahr des Irrtums in sich. Das ferne Entwicklungsziel der Menschheit ist es, sich in Freiheit gegen Ahriman und Luzifer und für den Christus und damit die Liebe zu entscheiden. Auf dem Weg dorthin wird es wohl noch so manchen Irrtum geben!
Dieser „Weg des Helden“ wurde uns nicht nur in der Bibel beschrieben, sondern in vielen Mythen verschiedener Völker und Kulturepochen. Denken wir nur an die große Arkana des Tarot oder die Odyssee von Homer. Freiheit (lat. libertas, griech.: Defi.: éleutheria) bedeutet, bewusst zu einer Reise aufzubrechen und alle Schwierigkeiten zu überwinden, um ein geliebtes Ziel zu erreichen.
Rudolf Steiner hat sich bereits in jungen Jahren intensiv mit dem Thema Freiheit auseinandergesetzt und seine Gedanken dazu in seinem Werk Philosophie der Freiheit niedergelegt. Für ihn liegt die Freiheit darin begründet, dass der Mensch die Gesetze seines Denkens erkennen und darauf seine Entscheidungen gründen kann. Ausgangspunkt ist daher nicht die Freiheit des Willens, sondern die Freiheit der Gedanken, die sich der Mensch im reinen, sinnlichkeitsfreien Denken durch moralische Intuition erringen und dadurch sein Handeln frei gestalten kann. Der Wille sitzt im Unbewussten und muss durch die freien Gedanken impulsiert werden, nur dann ist der Mensch frei.
(Lit.: GA 235, S.46 ff, Philosophie der Freiheit)
Auch auf dem Weg zur Erlangung der Freiheit, kann uns also die Anthroposophie – die Geisteswissenschaft eine wertvolle Hilfe sein. Viele Werkzeuge hat sie uns zur Verfügung gestellt, mit denen wir uns Schritt für Schritt zunächst unsere eigene geistige Freiheit erarbeiten können. Freiheit beginnt immer auf der Ebene des Denkens! Sie bedeutet Unabhängigkeit von inneren und äußeren Zwängen. Klares, sachliches und korrektes Denken ist der Schlüssel zur Wahrheit und damit zur Freiheit. Unter Anwendung der uns geschenkten Werkzeuge Verstand, Vernunft, logische Gesetze und klare Begriffe können wir uns Stück für Stück der Freiheit nähern. Erst wenn wir im Inneren zur geistigen Freiheit gelangen, können wir auch die Freiheit im außen (er)leben.
Ein freier Mensch hat weder Angst vor Wahrheit, noch vor Irrtum. Er ist getragen von der Kraft der Liebe zur Wahrheit!
(Axel Burkart)
(Er)lebe die Liebe
Schon der griechische Philosoph Platon (429 bis 348/347 vor Christus) unterschied unterschiedliche Ausprägungen der Liebe und stellte dar, wie sich diese über drei Stufen der seelischen Wesensglieder des Menschen wiederspiegeln:
Philia – die Freundesliebe, gegründet auf gegenseitigem Verstehen und gegenseitigem Verständnis – wurzelt in der Verstandes- oder Gemütsseele. Zu dieser Ebene gehört auch Stoika, die Form der Liebe, die auf bestimmten sachlichen Interessen bzw. Tätigkeiten beruht, die Lieblingsbeschäftigung.
Agápe – die selbstlos fördernde Liebe, die reine Nächstenliebe, ohne Eigennutz. Diese geht von der Ebene der Bewusstseinsseele aus, die sich zum Geistselbst zuneigt.
Éros – die sinnlich erotische Liebe, das leidenschaftliche Begehren des geliebten Wesens, verbunden mit dem Wunsch auch selbst geliebt zu werden. Das ist der Ausdruck der Empfindungsseele.
Die Begriffe Empfindungsseele, Verstandes- und Gemütsseele sowie Bewusstseinsseele wurden von Rudolf Steiner geprägt und entsprechen unterschiedlichen Entwicklungsstufen des Menschen. Seit dem Jahr 1413 leben wir im Zeitalter der Bewusstseinsseele und sind dabei, dieses Seelenglied vollständig auszubilden.
Durch das Wirken Jesu Christi in der Welt und für uns Menschen kam eine neue Qualität in unsere Entwicklungsmöglichkeiten hinein. Nicht das äußere Gesetz muss mehr maßgeblich für unser Wirken auf der Erde sein, sondern die in Freiheit und aus unserem Selbst bzw. Ich heraus erkannte Wahrheit kann zunehmend zur Richtschnur unseres Handelns werden:
Wer sich freiwillig hineinstellt in das Weltenwirken, der ist individuell, der wird nicht durch das Gesetz geregelt. Im Christus-Prinzip liegt die Überwindung des Gesetzes: «Denn das Gesetz ist durch Moses gegeben; die Gnade aber durch Christus» (1, 17). Als Gnade bezeichnete man im christlichen Sinne die Fähigkeit der Seele, aus dem Innern heraus das Gute zu tun. Die Gnade und die im Innern erkannte Wahrheit ist durch Christus entstanden.(Rudolf Steiner, GA 103)
Jesus Christus sprach auch davon, dass wir unseren Nächsten lieben sollten, wie uns selbst. Doch damit nicht genug: Er brachte etwas Neues, bis dahin gänzlich Unbekanntes, ja für die damaligen Menschen nur schwer Verständliches ins Spiel: Die Feindesliebe!
Ihr habt gehört, daß gesagt ist: „Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.“ Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde; segnet, die euch fluchen; tut wohl denen, die euch hassen; bittet für die, so euch beleidigen und verfolgen, auf daß ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel; denn er läßt seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte.…(Matthäus 5/43-45)
Seitdem sind 2000 Jahre vergangen und bis zum heutigen Tag bedeutet die Feindesliebe für die meisten von uns noch immer eine echte Herausforderung. Unsere Familienangehörigen und Freunde zu lieben, erscheint uns mehr oder weniger selbstverständlich, doch unsere Feinde? Doch wahre Größe zeigt sich gerade in der Fähigkeit, unsere persönlichen Antipathien, Rachegefühle und Vergeltungsbedürfnisse zu überwinden. Das funktioniert nur aus unserem freien Ich heraus, dann, wenn es uns gelingt, Verständnis zu entwickeln, auch für diejenigen, die (uns) Böses (an)tun. Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun (Lukas 23) ist der Schlüsselsatz des Christus Jesus, den er vom Kreuz herunter sprach. In einer Situation, wie wir sie uns schlimmer nicht vorstellen können, zeigte er die Grüße für diejenigen zu bitten, die ihm dies angetan hatten.
Es ist kein Zufall, dass das Kreuz Christi auf Golgata in der Mitte stand, zwischen den Kreuzen zweier Übeltäter, sondern ein Symbol für die Möglichkeit zu der größten nur denkbaren Liebesfähigkeit, die uns durch das Mysterium von Golgatha geschenkt worden ist. Das Szenario entspricht jener Dreiheit in uns: Luzifer, Ahriman und dem I.Ch, dem Christus in uns, in unserer Mitte. Ob wir diese Möglichkeit tatsächlich ergreifen, obliegt unserer Freiheit.
Es ist uns als freien Menschen anheimgestellt, uns auch für eine andere Kraft entscheiden zu können: Die Gegenkraft zur Liebe ist der Hass, nämlich der Einfluß Luzifers! In der reinen Liebe walten nur die astralen Sympathiekräfte und dadurch ist jeglicher Egoismus ausgeschlossen. Im Egoismus ist der Hass zu höchst gesteigert und es walten hier die “Antipathiekräfte.” (Lit.: GA 162, S. 269)
Oft ist es uns gar nicht bewusst, dass wir Dinge nicht wirklich aus Liebe tun, sondern aus egoistischen Beweggründen heraus, zum Beispiel aus Machtstreben gegenüber unserem Partner, den Kindern oder den Freunden, um erst einmal bei dem alten, vermeintlich einfachen Konzept der Nächstenliebe zu bleiben. Es wäre ein wichtiger erster Schritt, erst einmal unser wahres Motiv für unsere Handlung zu ergründen. So entkommen wir dem Selbstbetrug und erkennen die Wahrheit über uns selbst. Die Lüge aber macht uns unfrei und zieht uns auf die Seite der ahrimanischen und luziferischen Widersacherkräfte, die Meister der Lüge und der Illusion. Doch wir sollten diese Kräfte nicht verteufeln, denn sie sind uns durchaus auch dienlich. Nur durch das Böse in der Welt, haben wir die Möglichkeit, uns für das Gute zu entscheiden. Und das Gute, die Liebe ist immer der Christus in uns, in der Mitte, zwischen den beiden Waagschalen.
Wir möchten dieses Bild gerne an einem aktuellen Beispiel veranschaulichen:
Da gibt es die Bewegung Fridays for Futur, der es gelungen ist, Tausende von Jugendlichen in Deutschland zu aktivieren. Viele Zeitgenossen finden es wunderbar, dass so viel Begeisterung entsteht und die jungen Menschen sich für die vermeintlich gute Sache, den Klimaschutz, engagieren. Doch könnte es sein, dass hier der Idealismus junger Menschen schamlos missbraucht wird? Werden unsere Kinder evtl. manipuliert und wie Marionetten an den Fäden gezogen? Nicht wenige sind dieser Auffassung und wittern hinter der vermeintlichen Bedrohung durch Treibhausgase eher handfeste finanzielle Interessen der Initiatoren im Hintergrund. Hier scheinen sich Ahriman und Luzifer verbündet zu haben.
Aus der Mitte heraus zu handeln hieße in diesem Fall, nicht blind jenen zu glauben, die am lautesten schreien, sondern sich zunächst einmal sachlich über die Fakten zu informieren. Jenseits des wissenschaftlichen Mainstreams gibt es Studien über die wechselnden Wärme- und Kälteperioden im Verlaufe der Erdgeschichte. Diese werden uns zwar nicht gerade auf dem Silbertablett serviert, doch wir können sie uns beschaffen und versuchen, sie sachlich zu durchdringen, uns also mit unserem gesunden Menschenverstand unsere eigene Meinung bilden; uns schlichtweg nicht an den Versuchen, die Gesellschaft in Klimagläubige und Klimagegner zu spalten, zu beteiligen. Feindesliebe können wir üben, indem wir erkennen, dass die polarisierenden und manipulierenden Kräfte uns durchaus dienlich sind, denn wir haben die Chance an ihnen zu erwachen.
Und nun noch ein wahrhaft kosmischer Aspekt der Liebe, der uns möglicherweise einiges an Offenheit abverlangt: Laut Rudolf Steiner ist die irdische Liebe ein Abglanz unseres vorirdischen Daseins. Aus dem Zusammenleben mit den höheren Hierarchien der geistig-göttlichen Welt empfangen wir die Voraussetzung, auch hier auf Erden Liebe empfangen und verspüren zu können. Könnten wir nicht auf die Erfahrungen zwischen den Erdenleben, also zwischen dem sogenannten Tod und einer neuen Geburt zurückblicken, so könnten wir auf Erden nicht die Fähigkeit zur Liebe entwickeln. Welch ein großartiger, ja geradezu Ehrfurcht gebietender Gedanke!
Mit dieser Erbschaft aus dem vorirdischen Dasein, projiziert und transzendiert der Mensch als Individuum, zumindest in der Seele die Ausgestaltung solch eines Zusammenlebens.
Das Schöne, das Wahre und das Gute als wechselseitiges, förderndes und anerkennendes Streben zueinander bis zu einer bewußten transzendierenden, wissenden Teilnahme am Wesen des anderen. Liebe ist die lebendig wirkende Kraft, die den Ätherleib zu dem von dem Christus durchkrafteten Lebensgeist (Buddhi) vergeistigt. Das ist das Entwicklungsziel der Erd-u. Menschheitsentwicklung. Die Erde soll dadurch zum Kosmos der Liebe werden und ist somit die “höchste” der von Paulus genannten christlichen drei Tugenden.
(Anthrowiki, Zusfa. 1 Kor. 13,13 Lut.)
Widersacherkräfte: Luzifer, Ahriman und andere
Immer wieder werden in den Texten die Widersacherkräfte Luzifer und Ahriman erwähnt. Sie gehören zum geistig-göttlichen Plan und sind dazu ausersehen, unsere direkte Entwicklung im Sinne des Christus zur Erfüllung des Weltenplans zu behindern.
Diese Behinderung ist nötig, da wir uns ja zu freien Wesen entwickeln sollen und das nur möglich ist, wenn wir uns zwischen verschiedenen Angeboten entscheiden können. Im Laufe unserer widerholten Erdenleben haben wir immer wieder neu die Gelegenheit, uns zu entscheiden. Allerdings nicht unbegrenzt, denn irgendwann ist unsere Entscheidung endgültig.
Luzifer
Diese Wesenheit wird uns oft als der böse Gegenspieler Gottes vorgestellt, die auch als Teufel bezeichnet wird. Doch in Wahrheit ist Luzifer ein „gefallener Engel“, eine Wesenheit, die in früheren Zeiten die für ihn vorgesehene Entwicklungsstufe nicht erreicht hat. Luzifer bedeutet Lichtbringer. Als solcher hat er den kosmischen Auftrag übernommen, die Menschen zu verführen und ihnen gleichzeitig das Licht und damit die Möglichkeit zur Erkenntnis zu bringen, die Möglichkeit sich vom Willen Gottes zu sondern und Eigenwillen zu entwickeln. Das wird uns eindrucksvoll in der Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies vor Augen geführt, in der der Mensch durch Luzifer den ersten Impuls zur Freiheit erhält. Luzifer ist also wie wir ein Geschöpf Gottes, wenn auch auf einer höheren Entwicklungsstufe, und handelt in dessen Auftrag. Immer dann tritt er auf die Bildfläche, wenn es darum geht, uns von der Erde und ihren materiellen Erscheinungen wegzulocken. Illusion und Egoismus sind seine Spezialgebiete.
Ahriman
Von dieser Wesenheit erfahren wir erstmals durch Zarathustra, jenen großen Eingeweihten und Menschheitsführer, der die zweite nachatlantische Kulturepoche, die Urpersische Kulturepoche (5067 bis 2907 v. Chr.) geprägt hat. Ahriman ist die gleiche Wesenheit wie Satan, der uns heute immer häufiger im Zusammenhang mit „Satanischen Ritualen“ bestimmter elitärer Kreise begegnet. Doch auch Satan wirkt im Dienste Gottes und ist nicht ausschließlich böse. Seine Aufgabe ist es, uns an die materielle Erde zu binden, uns vom Geistigen fernzuhalten und zu entfremden. Je stärker wir uns von ihm vereinnahmen lassen, umso weniger Bezug haben wir zur geistigen Welt. Im Extremfall identifizieren wir uns mit unserem physischen Körper, verstehen uns als intelligentes Tier und sehen im Tod das Ende unseres Lebens. Ahriman gilt als Vater der Lüge, der Machtgier und des Mammon, zugegeben nicht die erstrebenswertesten menschlichen Eigenschaften. Doch in jedem von uns schlummern Anteile dieser ungeliebten Wesenszüge. Wir sollten sie nicht verteufeln, sondern in uns erkennen und zu überwinden suchen. Nur so können wir Ahriman erlösen.
Weitere Widersacherkräfte
In der Apokalypse des Johannes, die nichts anderes als die Offenbarung eines hohen Eingeweihten ist, erscheint die mysteriöse Zahl 666, die Zahl des Tieres, die gleichzeitig die Zahl eines Menschen ist. Sie hat verschiedene Bedeutungsebenen, die wohl bis heute niemand bis ins Letzte durchdrungen hat. Doch Rudolf Steiner gibt uns wichtige Hinweise: Es ist die Zahl der Entscheidung und es ist gleichzeitig der Zahlenwert einer noch mächtigeren Widersacherkraft als wir sie in Luzifer und Ahriman kennen gelernt haben: diejenige des Sonnendämons und direkten Gegenspielers Christi. Alle 666 Jahre haben wir uns offensichtlich in besonderer Weise mit dieser zerstörerischen Kraft auseinander zu setzen. Nach dem Impuls der Akademie von Gondhishapur, der um 666 eine stark intellektualisierte Form des Arabismus in der Welt verbreiten wollte folgte die Gefangennahme der Templer am Freitag, den 13.10.1332 und die grausame Folterung ihrer Vertreter in Folge. Seit 1998 haben wir es nun erneut mit dieser Widersacherkraft zu tun. Ein jeder mag die Ereignisse der jüngeren Vergangenheit in dieses Raster einordnen. Nicht selten hinterlassen der Sonnendämon und jene Menschen, die ihr dienen, sogar ihren Stempel, der uns auf die 666 hindeutet. Immer mehr Menschen streben heute nach Wahrheit und versuchen das Spiel zu durchschauen und zu enthüllen.