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Die geistige Welt im Diesseits und im Jenseits

Zitat

Wir können verschiedene Blickwinkel einnehmen, wenn wir beschreiben wollen, was unter  g e i s t i g e r  W e l t  zu verstehen sei.

Wenn wir dasjenige ins Auge fassen, was für die meisten von uns unsichtbar ist und sich somit unseren physischen Sinnen entzieht, so betrachten wir schon die Ätherwelt als zum Geistigen gehörend, auch wenn der Ätherleib auf’s engste mit dem physischen Leib verbunden ist und irdisches Leben ohne ihn nicht möglich ist. Er ist es, der die Pflanzenwelt als erste Erscheinungsform des Lebendigen gedeihen lässt. In dieser Betrachtungsweise zählt auch das über dem Prinzip des Lebens stehende Astralische, das im tierischen Organismus erstmals auftaucht, zum Geistigen. In dieser seelischen Sphäre spiegeln sich bei Tier und Mensch Leid und Freude, Lust und Unlust, Sympathie und Antipathie, Begierden und niedere Wünsche; all das nehmen wir auch im Astralischen wahr.

Das eigentlich Geistige beginnt jedoch erst oberhalb dieses Astralischen; es so zu sehen, entspräche der anderen Möglichkeit der Betrachtung. Danach wäre der Ich-begabte Mensch das erste auf der Erde wirkende Wesen, das als Individuum Zugang zum Geistigen hat. Auch Tiere haben ein Ich, doch das ist bisher noch ein in höheren Sphären angesiedeltes Gruppen-Ich jeder einzelnen Tierart. Über uns Menschen stehen die Wesen der geistigen Welt, die wir als Chor der Engel der neun Hierarchiestufen kennen (Angeloi, Erzangeloi, Archai, Exusiai, Dynamis, Kyriotetes, Throne, Cherubim, Seraphim), darüber schließlich die dreifaltige Gottheit. Wir selbst sehen uns gern als Krone der Schöpfung, was aber nur aus Sicht der mit einem physischen Leib ausgestatteten Erdgeschöpfe zutrifft. Stellen wir uns in die „Fußstapfen“ der höheren Wesen, so befinden wir uns als zehnte Hierarchie am Ende der „geistigen Nahrungskette“. Doch das ist im großen Weltenplan nur eine Momentaufnahme, denn wir haben das Potenzial dazu, unsere bereits keimhaft in uns veranlagten höheren, geistigen Körper auszubilden.

Im Moment des Todes begegnet uns laut Rudolf Steiner der Vater, was eine unvorstellbar wunderbare Erfahrung für uns darstellen muss, an die wir uns auf unserer weiteren nachtodlichen Reise immer erinnern werden. Nachdem wir „die Pforte des Todes durchschritten haben“, wie Rudolf Steiner diesen Übergang in die uns unsichtbaren Welten immer so poetisch bezeichnet, erleben wir eine ungeheure Ausdehnung unseres Seins und durchlaufen im Weiteren alle genannten Welten, die uns in Form zunächst der Mond- und dann der Planetensphären begegnen.

Als erster Schritt tritt uns das Erinnerungstableau in der Ätherwelt entgegen. Hier sehen wir unser gesamtes im Tagesbewusstsein durchlebtes Leben gleichzeitig wie auf einer riesigen Leinwand ausgebreitet. Nach etwa drei Tagen verblasst das Tableau und mit ihm löst sich unsere während des Erdenlebens bewusste Gedankenwelt in den Kosmos hinein auf. Gleichzeitig mit dieser Auslöschung der Erinnerung an unsere Tagesgedanken, taucht jedoch die Erinnerung an dasjenige auf, was wir in den Nächten unseres vergangenen Lebens erlebt haben, und zwar in umgekehrter Reihenfolge, also angefangen von der letzten Nacht vor unserem Tod. Im Schlaf tauchen Seele und Ich ja bereits während des Lebens ins Geistige ein, wo wir dann die Tageserlebnisse verarbeiten. Diese Arbeit, die wir auf der Erde unbewusst verrichten, wird uns nun voll bewusst und wir erleben die Folgen unserer Gedanken, Worte und Taten aus Sicht unserer Mitmenschen. Auf diese Weise durchlaufen wir für die Dauer eines Drittels des vergangenen Erdenlebens sieben Seelensphären, in denen wir uns Schritt für Schritt von allen Anhaftungen trennen. Angefangen von Süchten und Begierden bis hin zur Naturschwärmerei oder zum evtl. versteckt egoistischen Helfersyndrom gilt es alles, was uns mit dem Irdischen verbunden hat, loszulassen. Während dieser Zeit wachsen wir immer weiter in den Kosmos hinein. Dann schließlich in der Sonnensphäre löst sich nun auch der geläuterte Astralleib im Kosmos auf.

Mit Eintritt in die Marssphäre betreten wir das eigentliche Geisterland, das Devachan, wo wir zunächst mit den Urbildern der physischen Welt konfrontiert werden. Erst dort erleben wir uns voll und ganz als geistiges Wesen unter anderen geistigen Wesen. Weiterhin durchlaufen wir die Jupiter und die Saturnsphäre und dehnen uns schließlich sogar über unser Sonnensystem hinaus in das Weltall aus.

Doch die geistige Welt erleben wir nicht nur im Nachtodlichen, sondern wir befinden uns auch schon zu Lebzeiten ständig in ihr, oft jedoch, ohne uns dessen bewusst zu sein. Nach Rudolf Steiner ist es jedoch sehr wichtig, dass wir schon heute, während unserer Lebzeiten auf Erden, eine Brücke zum Geistigen bauen, ohne uns von unserem Alltagsleben fernzuhalten, denn schließlich sind wir Bürger zweier Welten. Unter anderem kann uns der Kontakt, den wir zu unseren Verstorbenen aufbauen, immer wieder zu dieser Erkenntnis zurückführen. Rudolf Steiner erläutert diese Notwendigkeit auch und gerade im Hinblick auf unser soziales Zusammenleben und die Dreigliederung des sozialen Organismus in der GA 23:

„Man kann sehen, wie zwei Weltenströmungen nebeneinander gestellt werden auch in den Denkgewohnheiten der Menschen. Die eine Weltströmung ist die, welche sich gewissermaßen in göttlich-geistiger Höhe halten will, die keine Brücke bauen will zwischen dem, was ein geistiger Impuls ist und was eine Tatsache des gewöhnlichen Handelns im Leben ist. Die andere lebt gedankenlos im Alltäglichen. Das Leben aber ist ein einheitliches. Es kann nur gedeihen, wenn die es treibenden Kräfte von allem ethisch-religiösen Leben herunterwirken in das aller-alltäglichste profanste Leben, in dasjenige Leben, das manchem eben weniger vornehm erscheint. Denn versäumt man die Brücke zu schlagen zwischen diesen beiden Lebensgebieten, so verfällt man in Bezug auf religiöses-sittliches Leben und auf soziales Denken in bloße Schwarmgeisterei, die fernsteht der alltäglichen wahren Wirklichkeit. Es rächt sich dann gewissermaßen diese alltäglich-wahre Wirklichkeit. Dann strebt der Mensch aus einem geistigen Impuls heraus alles mögliche Ideale an, alles mögliche, was er „gut“ nennt; aber denjenigen Instinkten, die diesen“ Idealen“ gegenüberstehen als Grundlage der gewöhnlichen täglichen Lebensbedürfnisse, deren Befriedigung aus der Volkswirtschaft kommen muss, diesen Instinkten gibt sich der Mensch ohne „Geist“ hin. Er weiß keinen wirklichkeitsgemäßen Weg von dem Begriff der Geistigkeit zu dem, was im allgemeinen Leben vor sich geht.  Dadurch nimmt dieses alltägliche Leben eine Gestalt an, die nichts zu tun haben soll mit dem, was als ethische Impulse in vornehmeren, seelisch-geistigen Höhen gehalten werden will. Dann aber wird die Rache des Alltäglichen eine solche, dass das ethisch-religiöse Leben zu einer innerlichen Lebenslüge des Menschen sich gestaltet, weil es sich ferne hält von der alltäglichen von der unmittelbaren Lebenspraxis, ohne dass man es merkt.“