Wieso? Weshalb? Warum?
Zitat von Ursula Dziambor am 12. März 2020, 20:18 UhrWieso? Weshalb? Warum?
… wer nicht fragt, bleibt dumm! So lautete das Motto der berühmten Fernsehsendung unserer Kindertage namens Sesamstraße. Damals wurden wir also aufgefordert, die Dinge zu hinterfragen. Und heute?
Eindeutig leben wir heute in einer Antwortkultur. Überall wird von uns erwartet, dass wir als Experten auftreten und für jede Lebenssituation vorgefertigte Antworten bereithalten. Das birgt die Gefahr in sich, dass wir uns dieser bereitgehaltenen Antworten wie Bausteinen bedienen, ohne die jeweilige Thematik in der Tiefe zu ergründen. Dieses Vorgehen führt unweigerlich zu einer nur oberflächlichen Betrachtungsweise der Themen. Das heute beliebte Nachschlagewerk Wikipedia führt uns zum Beispiel in diese Richtung. Es mag in Fällen, in denen es um reine Sachinformationen und Datensammlung geht, für einen ersten Aufschlag nützlich sein, doch um sich eine Meinung über einen Sachverhalt oder eine Person zu bilden, ist es denkbar ungeeignet, denn nachweislich werden hier nur bestimmte Sichtweisen aufgenommen, die ihrem Charakter nach der angesagten Mainstream-Meinung entsprechen. Bestimmte Personen, die diesem Bild nicht gerecht werden, werden darin nicht neutral, sondern abwertend dargestellt bzw. in bestimmte gedankliche Schubladen verfrachtet.
Wolfram von Eschenbach erzählt uns von dem zunächst unbefangen in die Welt blickenden und Fragen stellenden Parzival. Auf seinem Weg zum Ritter bekommt er ganz im Sinne unserer heutigen Antwortkultur von seinem Lehrer Gurnemanz die Empfehlung, lieber nicht so viel zu fragen. Vermutlich ist diese Ausbildung mit ein Grund, weshalb Parzival bei seiner ersten Begegnung mit dem verwundeten Gralskönig zunächst die entscheidende Frage gegenüber Anfortas versäumt. Sich seines Versäumnisses bewusst werdend macht er sich auf die Suche nach dem Gral, das heißt eine lange, mit Herausforderungen gespickte Reise zu sich selbst beginnt für ihn, bis er schließlich ein zweites Mal die Gelegenheit bekommt, die entscheidende Frage zu stellen. Diesmal ergreift er die Chance und fragt den leidenden König: Was wirret dir, Oheim? Diese mitleidsvolle Frage hat die Kraft, Anfortas von seinen Leiden zu erlösen und Parzival zum neuen Gralskönig zu erheben. Sie wandelt das Böse durch die Liebe in ein Gutes.
Fragen zu stellen, setzt ein ehrlich mitfühlendes Interesse an unserem Gegenüber oder auch die Erkenntnis voraus, dass wir etwas nicht genau wissen oder bisher noch nicht in seiner Tiefe durchdrungen haben. Wenn wir fragen, tritt unser Forscherdrang auf den Plan, wir möchten den Dingen auf den Grund gehen, sie wirklich verstehen und nicht einfach nur das wiedergeben, was andere vor uns und für uns bereits herausgefunden zu haben meinen. Wer sind diese anderen? Können wir Ihnen vertrauen? Verfolgen sie eine bestimmte Absicht mit ihren vorgefertigten Antworten? All dies sind berechtigte Fragen im Vorfeld, ehe wir uns überhaupt dem eigentlichen Thema widmen können. Vielleicht stoßen wir bei der Beschäftigung mit einem Thema ja auch auf ganz neue Aspekte oder Sichtweisen, die noch einmal ein anderes, individuelles Licht auf die Dinge werfen und die andere vor uns gar nicht im Fokus hatten. Je tiefer gehend wir uns mit einer Angelegenheit beschäftigen, je mehr und vor allem je spezifischere Fragen tauchen in der Regel auf. Wir werden mit der Einsicht des griechischen Philosophen Sokrates konfrontiert: Ich weiß, dass ich nicht(s) weiß!
Wir müssen lernen zu fragen brachte es Rudolf Steiner in der GA 148 auf den Punkt, das heißt in einem ersten Schritt müssen wir uns unserer Fragen erst einmal bewusst werden und sie in klare Gedanken und Worte kleiden lernen.
Wenn man heute auf diejenigen Menschen hinschaut, die über die Oberfläche des Lebens hinaus kommen, so sieht man, dass alte durch die Zeiten gehenden Empfindungen einer jeden Menschenseele sich erneuert haben. Man sieht, dass die Menschen heute in ihrem Unterbewusstsein schwere Fragen haben, Fragen, die nicht einmal in klare Gedanken gebracht werden können, geschweige denn durch dasjenige, was in der zivilisierten Welt vorhanden ist, eine Antwort finden können. Aber vorhanden sind diese Fragen. Und sie sind tief vorhanden bei einer großen Anzahl von Menschen. Sie sind eigentlich vorhanden bei allen wirklich denkenden Menschen der Gegenwart. Wenn man aber diese Fragen in Worte fasst, so scheint es zunächst, als ob sie weit hergeholt wären, und sie sind doch so nahe. Sie sind in aller unmittelbarster Nähe der Menschenseele, der denkenden Menschen. (Rudolf Steiner, GA 234)
Doch wen sollen wir fragen, wenn die leicht verfügbaren Quellen wenig vertrauenswürdig erscheinen und die sogenannten, meist selbsternannten Experten nach der oben angedeuteten Methode vorgehen?
Versuchen wir es doch erst einmal mit uns selbst! Gerade wenn es nicht um Bücherwissen geht, sondern um uns persönlich betreffende Lebensfragen oder gar um die Welt betreffende Menschheitsfragen, können wir eine Frage über längere Zeit in unserem Inneren bewegen. Sie schwingt dann bei allem, was uns begegnet, im Hintergrund mit, ist sozusagen allgegenwärtig. Ohne, dass es uns explizit bewusst werden muss, sammeln wir auf diese Weise „Material“, das uns bei der anstehenden Suche nach einer Antwort unterstützen kann. Dieses Material besteht aus Wahrnehmungen, Eindrücken und Empfindungen, die noch nicht sofort mit einem entsprechenden Begriff in Verbindung gebracht werden, also nicht unmittelbar zu einer Erkenntnis führen. Erst allmählich bildet sich ein Bild heraus und irgendwann fällt es uns dann vielleicht wie Schuppen von den Augen und wir kennen die Antwort, nach der wir so lange gesucht haben. Sie ist in unserem Inneren gereift und letztlich zur Gewissheit geworden.
Nach einer anderen Methode können wir die Angelegenheit auch noch bewusster angehen, indem wir unsere Frage möglichst exakt formulieren und dann loslassen, sozusagen an die geistige Welt übergeben. Besonders gut funktioniert das in der Phase kurz vor dem Einschlafen. Oft bekommen wir am nächsten Morgen tatsächlich postwendend die Antwort. Wir erwachen sozusagen mit der Gewissheit der richtigen Entscheidung bzw. Lösung für eine Frage, mit der wir schwanger gegangen sind. Nicht immer funktioniert es so schnell, manchmal wird unsere Geduld auch auf die Probe gestellt, doch wir können sicher sein, dass die Antwort irgendwann auf uns zukommt, ja uns geradezu zufällt, wenn wir denn bereit sind, sie zu empfangen. Das können wir dann mit Fug und Recht als „Zufall“ bezeichnen. 😉
Es lohnt sich also, unsere Fragen aus den Tiefen unserer Seele hervorzuholen, bewusst zu machen und sie in uns zu bewegen – ein Grund mehr, unsere heutige Antwortkultur wieder in eine Fragekultur zu verwandeln.
Wieso? Weshalb? Warum?
… wer nicht fragt, bleibt dumm! So lautete das Motto der berühmten Fernsehsendung unserer Kindertage namens Sesamstraße. Damals wurden wir also aufgefordert, die Dinge zu hinterfragen. Und heute?
Eindeutig leben wir heute in einer Antwortkultur. Überall wird von uns erwartet, dass wir als Experten auftreten und für jede Lebenssituation vorgefertigte Antworten bereithalten. Das birgt die Gefahr in sich, dass wir uns dieser bereitgehaltenen Antworten wie Bausteinen bedienen, ohne die jeweilige Thematik in der Tiefe zu ergründen. Dieses Vorgehen führt unweigerlich zu einer nur oberflächlichen Betrachtungsweise der Themen. Das heute beliebte Nachschlagewerk Wikipedia führt uns zum Beispiel in diese Richtung. Es mag in Fällen, in denen es um reine Sachinformationen und Datensammlung geht, für einen ersten Aufschlag nützlich sein, doch um sich eine Meinung über einen Sachverhalt oder eine Person zu bilden, ist es denkbar ungeeignet, denn nachweislich werden hier nur bestimmte Sichtweisen aufgenommen, die ihrem Charakter nach der angesagten Mainstream-Meinung entsprechen. Bestimmte Personen, die diesem Bild nicht gerecht werden, werden darin nicht neutral, sondern abwertend dargestellt bzw. in bestimmte gedankliche Schubladen verfrachtet.
Wolfram von Eschenbach erzählt uns von dem zunächst unbefangen in die Welt blickenden und Fragen stellenden Parzival. Auf seinem Weg zum Ritter bekommt er ganz im Sinne unserer heutigen Antwortkultur von seinem Lehrer Gurnemanz die Empfehlung, lieber nicht so viel zu fragen. Vermutlich ist diese Ausbildung mit ein Grund, weshalb Parzival bei seiner ersten Begegnung mit dem verwundeten Gralskönig zunächst die entscheidende Frage gegenüber Anfortas versäumt. Sich seines Versäumnisses bewusst werdend macht er sich auf die Suche nach dem Gral, das heißt eine lange, mit Herausforderungen gespickte Reise zu sich selbst beginnt für ihn, bis er schließlich ein zweites Mal die Gelegenheit bekommt, die entscheidende Frage zu stellen. Diesmal ergreift er die Chance und fragt den leidenden König: Was wirret dir, Oheim? Diese mitleidsvolle Frage hat die Kraft, Anfortas von seinen Leiden zu erlösen und Parzival zum neuen Gralskönig zu erheben. Sie wandelt das Böse durch die Liebe in ein Gutes.
Fragen zu stellen, setzt ein ehrlich mitfühlendes Interesse an unserem Gegenüber oder auch die Erkenntnis voraus, dass wir etwas nicht genau wissen oder bisher noch nicht in seiner Tiefe durchdrungen haben. Wenn wir fragen, tritt unser Forscherdrang auf den Plan, wir möchten den Dingen auf den Grund gehen, sie wirklich verstehen und nicht einfach nur das wiedergeben, was andere vor uns und für uns bereits herausgefunden zu haben meinen. Wer sind diese anderen? Können wir Ihnen vertrauen? Verfolgen sie eine bestimmte Absicht mit ihren vorgefertigten Antworten? All dies sind berechtigte Fragen im Vorfeld, ehe wir uns überhaupt dem eigentlichen Thema widmen können. Vielleicht stoßen wir bei der Beschäftigung mit einem Thema ja auch auf ganz neue Aspekte oder Sichtweisen, die noch einmal ein anderes, individuelles Licht auf die Dinge werfen und die andere vor uns gar nicht im Fokus hatten. Je tiefer gehend wir uns mit einer Angelegenheit beschäftigen, je mehr und vor allem je spezifischere Fragen tauchen in der Regel auf. Wir werden mit der Einsicht des griechischen Philosophen Sokrates konfrontiert: Ich weiß, dass ich nicht(s) weiß!
Wir müssen lernen zu fragen brachte es Rudolf Steiner in der GA 148 auf den Punkt, das heißt in einem ersten Schritt müssen wir uns unserer Fragen erst einmal bewusst werden und sie in klare Gedanken und Worte kleiden lernen.
Wenn man heute auf diejenigen Menschen hinschaut, die über die Oberfläche des Lebens hinaus kommen, so sieht man, dass alte durch die Zeiten gehenden Empfindungen einer jeden Menschenseele sich erneuert haben. Man sieht, dass die Menschen heute in ihrem Unterbewusstsein schwere Fragen haben, Fragen, die nicht einmal in klare Gedanken gebracht werden können, geschweige denn durch dasjenige, was in der zivilisierten Welt vorhanden ist, eine Antwort finden können. Aber vorhanden sind diese Fragen. Und sie sind tief vorhanden bei einer großen Anzahl von Menschen. Sie sind eigentlich vorhanden bei allen wirklich denkenden Menschen der Gegenwart. Wenn man aber diese Fragen in Worte fasst, so scheint es zunächst, als ob sie weit hergeholt wären, und sie sind doch so nahe. Sie sind in aller unmittelbarster Nähe der Menschenseele, der denkenden Menschen. (Rudolf Steiner, GA 234)
Doch wen sollen wir fragen, wenn die leicht verfügbaren Quellen wenig vertrauenswürdig erscheinen und die sogenannten, meist selbsternannten Experten nach der oben angedeuteten Methode vorgehen?
Versuchen wir es doch erst einmal mit uns selbst! Gerade wenn es nicht um Bücherwissen geht, sondern um uns persönlich betreffende Lebensfragen oder gar um die Welt betreffende Menschheitsfragen, können wir eine Frage über längere Zeit in unserem Inneren bewegen. Sie schwingt dann bei allem, was uns begegnet, im Hintergrund mit, ist sozusagen allgegenwärtig. Ohne, dass es uns explizit bewusst werden muss, sammeln wir auf diese Weise „Material“, das uns bei der anstehenden Suche nach einer Antwort unterstützen kann. Dieses Material besteht aus Wahrnehmungen, Eindrücken und Empfindungen, die noch nicht sofort mit einem entsprechenden Begriff in Verbindung gebracht werden, also nicht unmittelbar zu einer Erkenntnis führen. Erst allmählich bildet sich ein Bild heraus und irgendwann fällt es uns dann vielleicht wie Schuppen von den Augen und wir kennen die Antwort, nach der wir so lange gesucht haben. Sie ist in unserem Inneren gereift und letztlich zur Gewissheit geworden.
Nach einer anderen Methode können wir die Angelegenheit auch noch bewusster angehen, indem wir unsere Frage möglichst exakt formulieren und dann loslassen, sozusagen an die geistige Welt übergeben. Besonders gut funktioniert das in der Phase kurz vor dem Einschlafen. Oft bekommen wir am nächsten Morgen tatsächlich postwendend die Antwort. Wir erwachen sozusagen mit der Gewissheit der richtigen Entscheidung bzw. Lösung für eine Frage, mit der wir schwanger gegangen sind. Nicht immer funktioniert es so schnell, manchmal wird unsere Geduld auch auf die Probe gestellt, doch wir können sicher sein, dass die Antwort irgendwann auf uns zukommt, ja uns geradezu zufällt, wenn wir denn bereit sind, sie zu empfangen. Das können wir dann mit Fug und Recht als „Zufall“ bezeichnen. 😉
Es lohnt sich also, unsere Fragen aus den Tiefen unserer Seele hervorzuholen, bewusst zu machen und sie in uns zu bewegen – ein Grund mehr, unsere heutige Antwortkultur wieder in eine Fragekultur zu verwandeln.