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Unser Denken im Wandel

Zitat

Heute möchte ich einmal einige Definitionen gängiger Begriffe voranstellen, die wir zwar alle täglich benutzen, uns jedoch nicht immer ihrer wahren Bedeutung bewusst sind.

Wort - das Wort ist die Form eines Begriffs. Umgekehrt formuliert, ist der Begriff das Wesen des Wortes. Das Wort ist im Physischen wirksam und übersetzt eine Idee in Sprache. Es ist der Name für einen Gedanken.

Gedanke - der Gedanke ist der Träger des Sinns. Der Gedanke wird uns vom Geist zugeführt und blitzt in der Seele auf. Wir erfahren den Geist durch die Seele, die als Spiegel des Geistes fungiert und uns diesen bewusst macht

Sinn/Idee - Der Sinn ist der Zusammenhang des Einzelnen zu dem Gesamten (dies ist gleichzeitig auch die Definition für Geist). Hinter jeder Erscheinung steht eine Idee. Der menschliche Geist spürt den Sinn auf, er fungiert als Sinnfänger. Unser Sinn als Menschen besteht in unserem Lebensplan. Diesen aufzuspüren und in die Verwirklichung zu bringen, ist der Sinn unserer Inkarnation

Vor einiger Zeit hatte ich über die Seele, unser Bewusstsein geschrieben, das verschiedene Aufgaben erfüllt. Zunächst macht unsere Seele uns die Empfindungen bewusst, die wir durch unsere Sinneswahrnehmungen  in uns aufnehmen. Die Empfindung ist also eine seelisch gewordene Wahrnehmung. Für sich genommen enthält sie noch keine Idee, keinen Sinnzusammenhang. Dies geschieht erst durch den Gedanken, der die Empfindung erklärt. Dies kann nun auf unterschiedliche Weise geschehen.

In der Regel übernimmt unser Verstand als zweiter Bestandteil des Bewusstseins die Aufgabe, die Empfindung mit etwas in Verbindung zu bringen, das wir schon kennen, bereits erfahren haben oder zu wissen glauben. Er führt also Gedanken und Wahrnehmung zur Erkenntnis zusammen. Später erinnern wir uns meist nicht mehr genau an die Wahrnehmung und den Gedanken, sehr wohl aber an die daraus gewonnene Erkenntnis. Sie wird in unser Weltbild integriert. Auch wir Erwachsenen können beim Erkenntnisprozess nicht immer auf etwas zurückgreifen, das uns bereits bekannt ist. In diesem Fall beginnt unser Verstand zu assoziieren, zu spekulieren und logische Schlüsse zu ziehen. Damit sich dies in „geordneten Bahnen“ vollzieht, bekommt er von Öffentlichkeit und Medien oft vorgefertigte Erklärungen geliefert, die von vielen Menschen ohne weitere Prüfung aufgegriffen und als plausibel in ihr Weltbild einsortiert werden. Unschwer können wir  uns das Manipulationspotenzial vorstellen, das mit dieser Art von (Nach-)Denken der Gedanken anderer verbunden ist. In besonderem Maße gilt das für Kinder, deren Erfahrungsschatz noch nicht so groß und deren Weltbild erst im Entstehen begriffen ist. Wenn sie eine Wahrnehmung nicht einordnen können und uns Erwachsene um Rat fragen, sollten wir Unterstützung in Form von Denkanstößen geben, uns jedoch davor hüten, unser festgezurrtes, oft recht starres Weltbild einfach an die nächste Generation weiter zu geben. Das würde nur zu einer Erstarrung führen und neuen Ideen wenig Raum geben.

Unser Verstand sucht also permanent nach Erinnerungen, Erklärungen und logischen Zusammenhängen. Man könnte ihn als unser Archiv bezeichnen. Diese Art zu denken entstand etwa 700 Jahre vor Christus zu Zeiten der Griechischen Hochkultur. Sie stellt einen wichtigen und notwendigen Entwicklungsschritt in der Geschichte der Menschheit dar. Jedoch sollte dieser nun zu Ende gehen und neuen Möglichkeiten Raum geben. Die Menschheit ist nun reif für einen weiteren Meilenstein ihrer Evolutionsgeschichte, nämlich der dritten Seelenkraft den höchsten Platz ihrer Intelligenz einzuräumen, der sogenannten Bewusstseins-Seele.

Die Bewusstseins-Seele steht in direkter Verbindung zum Geist. Wie schon erwähnt, wird hier ein anderes Verständnis von Geist als allgemein üblich geworden, zugrunde gelegt. Im Englischen würde man ihn als Spirit, nicht als Mind bezeichnen. Diese Art von Geist hat nichts mit den neuronalen Hirnwindungen und biochemisch nachweisbaren Prozessen zu tun, sondern wirkt außerhalb von uns. Die besonderen Vorzüge dieser neuen Art des Denkens liegen im Produktiven, im Kreativen und in der Moralität. Hier sind weniger Wissen und Glauben gefragt, sondern ein so denkender Mensch geht als Beobachter,  fragend und assoziationsfrei an die Dinge heran. So wird ein objektiver Gedanke möglich, der unabhängig von den Konditionierungen des Menschen im jeweiligen Objekt waltet. Das ist Intuition in ihrem besten Sinne.

Johann Wolfgang von Goethe hat diese Methode bei seinen naturwissenschaftlichen Forschungen angewandt. Ganz bewusst hat er sein Wissen für die Zeit der Beobachtung zurück gehalten und war so frei für intuitive Erkenntnisse von außen. Dem so Forschenden geht es um die Erfassung des Wesens seiner Forschungsobjekte, nicht um die Bestätigung oder Widerlegung vorgefertigter Glaubensmodelle oder von Wissen. Dieses Wesen erschließt sich uns am ehesten in der neutralen, assoziationsfreien Beobachtung. In der heutigen Wissenschaft wird diese Methode eher selten angewendet, ja gilt bedauerlicherweise sogar als unwissenschaftlich.

Ein sinnlichkeitsfreies Denken wenden wir noch am ehesten an, wenn wir auf Prinzipielles schauen, zum Beispiel auf den Begriff der Gerechtigkeit ohne einen konkreten Anwendungsfall dafür im Auge zu haben. In diesem Fall wenden wir diesen Begriff nicht einfach so an, wie wir meinen, es gelernt zu haben, sondern fragen nach dem ihm innewohnenden Prinzip. Es ist angesagt, sich mit dem Geist der Gerechtigkeit zu verbinden und uns seinen Inhalt bewusst zu machen. Dieser Vorgang ist gleichbedeutend mit wirklichem Denken und nicht, wie es der Verstand angehen würde, mit dem Rückgriff auf Erinnertes oder Erlerntes. Wenn wir uns darauf einlassen, werden wir vielleicht zu einer der folgenden ähnlichen Definition gelangen: Gerechtigkeit liegt vor, wenn im sozialen Geschehen die berechtigten Belange aller Beteiligten angemessen Berücksichtigung finden.

Was wäre, wenn wir das beschriebene neue Denken konsequent in unserem Leben anwenden würden? Es führte zu innerer Unabhängigkeit und zur Selbstbestimmtheit des Menschen. Nicht, was uns Eltern, Lehrer usw. beigebracht hätten, würde zur Prämisse unseres Lebens, sondern das, was wir intuitiv als wahr empfingen. Klassische Bildung und Universitätsabschlüsse verlören an Bedeutung, denn Expertenwissen ist ein typischer Ausdruck des Verstandes. Wir würden gerne lernen, weil wir genau das vertiefen würden, was wir als wahr erkannt hatten und was uns begeistern würde. Wir wären nicht mehr auf die Informationen und Erklärungsmodelle anderer angewiesen, sondern würden mehr und mehr Vertrauen in unsere eigene Intuition gewinnen.

Kurz, es würde sich ein  neuer Typus des Menschen ausbreiten, den wir heute noch viel zu selten antreffen. Ab und zu begegnet er uns in Form von eines Freigeistes. In der Regel genießen diese Freigeister in der etablierten Gesellschaft nicht gerade den besten Ruf, denn   sie haben das Potenzial, die festgefahrenen, vielleicht nicht mehr dienlichen Strukturen aufzubrechen. Nach den alten Menschheitsparadigmen wird dies in der Regel als Gefährdung des Bestehenden empfunden.

Ich wünsche uns allen, dass wir uns mehr und mehr an das neue Denken mit Hilfe unserer Bewusstseins-Seele gewöhnen und immer mehr Vertrauen in unsere Intuition entwickeln. So kann der so dringend ersehnte Wandel aus uns selbst heraus geschehen. Das ist allemal besser, als wenn er uns von wem auch immer aufoktroyiert wird 😉 Gern empfehle ich zur Vertiefung dieses Themas das 2017 erschienene Buch: Hans Bonneval: Revolution im Denken Rudolf Steiner. Warum Computer nicht denken können.

 

 

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